Hallo ihr Lieben,
wusstet ihr eigentlich, dass ich seit 2016 kaum noch Kleidung kaufe? Zu diesem Schritt hat mich damals Riccarda von Pech und Schwefel durch ihr shoppingfreies Jahr 2015 inspiriert. Zunächst habe ich das einfach nur als Spar-Challenge gesehen – schließlich war ich damals noch Studentin. Was fehlte, wollte ich selbst nähen.
Da ich in einem sehr kleinen Nest studiert habe, wo definitiv keine Shopping-Touren möglich waren, war die Versuchung recht gering, und tatsächlich habe ich 2016 kein einziges Teil gekauft. Durch dieses shoppingfreie Jahr hat sich mein Kaufverhalten dahingehend verändert, dass ich seitdem nie mehr ohne konkretes Ziel (z.B. ein neuer Wintermantel) zum Kleiderkaufen gegangen bin. Und die Teile, die seither eingezogen sind, kann ich auswendig aufzählen – und trage sie auch alle noch.
Auswirkungen der Textilproduktion
Im Laufe meiner shoppinglosen Zeit habe ich mich aber mehr und mehr damit auseinander gesetzt, dass Mode nicht nur Geld kostet: Sie kostet auch Menschenleben. Das traurige Paradebeispiel ist der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im Jahr 2013, wobei circa 1100 Menschen ums Leben kamen (Quelle: Tagesschau). Aber schon in den Jahren zuvor forderten zum Beispiele Brände in verschiedenen Fabriken Pakistans zahlreiche Opfer, die aufgrund fehlender Sicherheitsmaßnahmen den Flammen nicht entkommen konnten. Nicht unerwähnt bleiben sollten ferner die katastrophalen Arbeitsbedingungen: Körperliche Schwerstarbeit für ein bis zwei Euro am Tag über Jahre hinweg können niemals die Grundlage eines gesunden Lebens sein.
Ebenso leidet unsere Umwelt unter der Textilproduktion: 10 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen entstehen durch die Produktion von Kleidung und Schuhen zurück und für die Herstellung eines einzigen T-Shirts werden ca. 2700 Liter Trinkwasser benötigt. (Quelle: Europäisches Parlament). Im Schnitt kaufen die Deutschen pro Kopf und Jahr aber nicht nur ein T-Shirt, sondern etwa 60 Kleidungsstücke (Quelle: Greenpeace) – oder etwa 30 Kilogramm Kleidung (Quelle: MDR).
Nicht nur geshoppt, sondern auch aussortiert wird fleißig in Europa: pro Person etwa 11 Kilogramm im Jahr. Doch das Recycling der Kleidung ist eher Wunschtraum als Realität: Weltweit wird weniger als ein Prozent zur Herstellung neuer Kleidungsstücke verwendet. Stattdessen werden 87 Prozent der Klamotten verbrannt oder landen auf Mülldeponien (Quelle: Europäisches Parlament). Und so wachsen Textilhalden ins Unermessliche, wie zum Beispiel in der Atacama-Wüste in Chile (Quelle: Tagesschau). Und der Müll wird nicht weniger – kein Wunder, denn Fast-Fashion-Ketten bringen im Jahr bis zu 24 Kollektionen auf den Markt (Quelle: MDR). Die regelmäßigen Neuheiten werden rege – um nicht zu sagen: aggressiv – beworben, damit die Kundinnen und Kunden neues kaufen – und schon sind wir wieder bei den 60 neuen Kleidungsstücken pro Jahr.
Puh. Und jetzt?
Aus diesem Wahnsinn möchte ich gerne ausbrechen – schließlich haben wir ein 2-Grad-Ziel zu erreichen, außerdem hat jeder Mensch ein Recht auf faire Arbeitsbedingungen. Deshalb möchte ich aktiv werden und meinen Kleiderschrank nachhaltiger werden lassen – und auf diesem ganz persönlichen Weg nehme ich euch mit. Insgesamt fünf große Bausteine nehme ich mir vor, um mein Ziel zu erreichen – wer genauer hinsieht, erkennt dahinter vielleicht den Gedanken der Nachhaltigkeitspyramide. Aber vielleicht habt ihr noch mehr Ideen? Wenn ja, schreibt sie gerne in die Kommentare!
1. Was brauche ich wirklich?
In meiner shoppingfreien Zeit habe ich definitiv nicht so viel genäht wie ursprünglich gedacht – und habe schnell festgestellt: Ich komme mit meinem Bestand an Kleidung zurecht. Stattdessen habe ich immer mal wieder neue Kombinationen im Kleiderschrank für mich entdeckt. Daher gilt für mich weiterhin, dass ich nur etwas kaufen werde, wenn ich es wirklich, wirklich benötige.
Das möchte ich aber von den Klamotten ausweiten auf Wolle und Stoff. Denn mittlerweile habe ich ein kleines “Vorratslager” angesammelt – und wie gesagt, eigentlich nähe ich nicht so viel wie gedacht bzw. wie ich eingekauft habe. Ich reduziere also auch meinen Handarbeitskonsum und baue meinen Stash ab.
2. Ausleihen, Verleihen und Second Hand
Tja, auch wenn ich aktuell wenig neue Sachen brauche – unsere Tochter wächst, und damit muss ihre Garderobe hin und wieder auf größere Größen umgestellt werden. Aber hier haben wir schon erste Erfolge in Sachen Nachhaltigkeit erzielt: Wir haben das große Glück, dass wir von meinem Bruder und seiner Frau die komplette Erstlingsausstattung ihrer Töchter ausleihen durften (danke noch einmal <3). Mittlerweile konnten wir die kleinsten Sachen schon zurückgeben – im Austausch gegen die nächsten Größen. Ein absoluter Luxus! Dank dieser großartigen Unterstützung mussten wir tatsächlich nichts neu kaufen – einen Body und ein Oberteil habe bisher neu gekauft. Und streng genommen hätte auch das nicht sein müssen. Luft nach oben ist bekanntlich immer :-).
Second Hand habe ich noch einen Body gekauft – und meine Umstandskleidung. Kinder wachsen so schnell und Bäuche verschwinden wieder, sodass diese Kleidung nur ein paar Monate benötigt wird und damit kaum Abnutzungserscheinungen hat. Und weil das so gut funktioniert, habe ich die Umstandskleidung gleich einer Freundin geliehen, die ein November-Baby erwartet :-). Und diesen Second-Hand-Ansatz möchte ich weiter ausbauen – in Sachen Kinderkleidung, aber auch bei meiner Kleidung.
3. Mehr Reparieren
Jetzt komme ich zu einem Teil, wo ich noch große Fortschritte machen muss: dem Reparieren von Kleidung. Das verlängert schließlich die Lebensdauer eines jeden T-Shirts noch einmal um ein Vielfaches. Aber keine Sorge, weggeworfen habe ich schon lange nichts mehr, sondern stattdessen einen riesengroßen Stapel an Flicksachen angesammelt. Den muss ich endlich angehen. Und so lange wie die Sachen teilweise schon herumliegen, sind das quasi wieder Neuzugänge im Schrank ;-).
Der Anfang ist gemacht: Die Schläfchen vom Mini-Effchen werden aktuell genutzt, um hier mal schnell einen Knopf anzunähen, da eine abgerissene Schleife wieder am Strampler zu befestigen. Aber manche Techniken muss ich mir erst noch aneignen, wie z.B. den Maschenstich, um zwei meiner Pullover zu reparieren. Hier klicke ich mich schon fleißig durch den tollen YouTube-Kanal von Sarah alias Ein Koffer voll Wolle. In ihren herrlich entschleunigenden Videos zeigt sie viele Reperaturtechniken, insbesondere für Stricksachen.
Und bald – genauer gesagt im September – erscheint der Online-Kurs The Mended Closet von Selmin (Tweed & Greet) und Laura (Tagträumerin). Laura hat vor vielen Jahren meine Leidenschaft für Blogs entfacht und über sie bin ich recht schnell auf Selmin gestoßen – und dann habe ich selbst angefangen hier zu schreiben. Von ihnen durfte ich bereits viel lernen was Handmade Fashion und Co. betrifft – und in ihrem Kurs werde ich bestimmt viel über das Reparieren und Flicken von Kleidung lernen.
4. Refashion und Upcyling
Wo da jetzt genau der Unterschied liegt, lasse ich jetzt mal dahingestellt. Fakt ist, auch hier kann ich noch ordentlich dazulernen und sollte mich auch mehr trauen, verschiedene Dinge auszuprobieren. Ausgangsmaterial, also gut erhaltene Kleidung, die ich aber sicher nicht mehr trage, wäre nämlich einiges vorhanden. Und das kann ich doch sicher gut nutzen, statt gebraucht oder sogar neue Dinge kaufen zu müssen – frei nach dem Motto: Use what you have. Und es ist immer wieder erstaunlich, was man eigentlich alles aus alter Kleidung machen kann. Die größte Inspiration diesbezüglich ist für mich Kathi mit ihrem YouTube-Kanal How to slay Omas Kleiderschrank. Ganz so schick wird es bei mir wahrscheinlich nicht zugehen, aber ich liebe es ihre Videos anzugucken! Für meinen Einstieg in dieses Feld habe ich schon Pläne, häufig unter dem Motto: Aus Groß mach Klein. Ich sehe schon, das Mini-Effchen hat wohl den nachhaltigsten Kleiderschrank hier in der ganzen Familie ;-).
5. Soziale Medien:
Irgendwo habe ich einmal die Frage gelesen, ob Stricken wirklich geeignet ist für die schnelllebigen sozialen Medien. Um den Followerinnen und Followern etwas neues zu bieten, muss doch immer etwas “frisch von der Nadel gehüpft sein”?
Für mich ist Stricken und Nähen kein Hochleistungssport, sondern Entspannung. Es dauert daher auch manchmal etwas länger, bis etwas fertig ist. Und ich möchte auch möglichst lange etwas davon haben – warum sollte ich also nicht meine anhaltende Freude über Selbstgemachtes mehrfach teilen? Ich werde in Zukunft also auch immer wieder Bilder von alten, dafür heiß geliebten Sachen posten. Ich glaube, damit kann man ganz bewusst den Gegensatz zu Fast Fashion setzen. Und genau aus diesem Grund schreibe ich auch diesen Blogartikel.
Und der wurde ganz schön lang! Wer bis hierher kam, herzlichen Dank! Ich bin gespannt, wann ich euch die ersten Ergebnisse meiner Vorhaben zeigen kann. Gerade beim Upcycling habe ich schon einige Pläne. Aber mal sehen, wann ich dazu komme… Bis dahin macht’s euch fein!
Eure Bine